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Attraktive Projektkatastrophen

Mittwoch, 30 Juli 2014 11:55 geschrieben von 
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Natürlich, die Boulevardpresse. Wir wissen ja, wer denen in die Fänge geht .....

So wird immer wieder über Projekte berichtet, die den Volkszorn in der Hoffnung der Presse aufweckt. Was wäre Deutschland ohne seinen Volkszorn! Wenn wir mal schauen, was für Projekte haben wir denn da?

  • Stimmt, da gibt es diese Drohne, der ein wichtiges Bauteil fehlt
  • Da gibt es einen Flughafen, dem gewisse Grundvoraussetzungen fehlen
  • Da gibt es eine Elbphilharmonie
  • Da gibt es eine Gesundheitskarte

Nun fragen sich alle, wieso wir eigentlich nichts mehr auf die Reihe brächten (was zum Teil bedauerlicherweise stimmt, aber nichts mit den Projekten zu tun hat)

Und aus jeder Ecke poppen irgendwelche Trainers und Coaches und weiß nicht was, insbesondere auch Organisationen, die glauben zu wissen, wie Projekte "zu machen seien(!)" und behaupten, sie wüssten genau, was da alles falsch gelaufen sei. Mehr oder weniger nimmt man die verschämt zurückgehaltene Aussage dann aber auch an, Mensch, wenn wir das mit denen gemacht hätten, dann wäre jetzt ja alles super.

Also ich persönlich halte das Geschwätz für unnütz und fehl am Platze, wundere mich aber ein wenig über den Voyeurismus, denn das Interesse an solchen Zeitungen, Büchern Veranstaltungen, die immer wieder diese Projekte als Beispiel der hohen Kunst der Referenten preisen lassen. Ja, ich finde das ekelhaft.

Dies hat folgenden einfachen Grund: Projekte sind per Definitionem (DIN 69901) einmalige und einzigartige Vorhaben. Allein diese Tatsache erlaubt es nie und zu keinem Zeitpunkt, wissenschaftliche ergebnisorientierte Untersuchungen anzustellen und zwar deshalb, weil man die Untersuchungen nicht nachprüfen kann.

Damit ist es für Scharlatane einfach, denn die können nur Aussagen treffen, die nicht nachprüfbar sind.

Manche Organisationen, die im Grunde etwas völlig nutzloses anbieten, nämlich Zertifikate in Projektmanagement nutzen die Situation pfiffig aus; ich behaupte, selbst dann wenn die Projektleiter des behaupteten Misserfolgs zertifiziert wären, würden diese Organisationen sagen, es gäbe überall schwarze Schafe.

Es gehört selbstverständlich zur Art und dem Bauplan des menschlichen Gehirns, Gründe von Mißerfolgen zu erforschen um Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Das ist übrigens nichts, was die Ratio selbst anfordert, sondern die Anforderung zur Ursachenforschung gehört zu einem Grundbauplan des menschlichen Seins. Insofern ist die Frage selbst nicht verwerflich, wohl aber ihre Vermarktung.

Neulich gab es eine Einladung eines Clubs, bei dem bei solchen Veranstaltungen irgendwelche Unternehmer unter Anwesenheitsdruck stehen. Wieso besuchen solche Leute solche Veranstaltungen? Um ähnliche Fehler bei Ihren Projekten zu vermeiden? Unmöglich, denn es wird niemand erfolgreicher Unternehmer, der einer solchen weil naiven Denkkette folgt. Man will heutzutage eher die Bestätigung seiner eigenen Ansicht, dass die Sesselpupser vom Staat ja einfach gar nichts könnten.

Selbstverständlich ist es richtig, dass, je besser der Projektmanager, desto eher ist gute Aussicht auf Erfolg gegeben. Aber es ist schon eine Frage, welche Gütekriterien dann angesetzt werden sollen.

Ich rate ab, einfach nur die Projektzertifikate zu Rate zu ziehen. Ich habe keines und würde mich schämen, mir jetzt von relaitv ahnungslosen ein Zertifikat ausstellen zu lassen. Übrigens ist die Elbphilharmonie kostentechnisch zwar leicht erhöht, aber schauen Sie sich mal das Gebäude des schottischen Parlaments an. Dagegen ist die Elbphilharmonie eine supergute Veranstaltung. Und BER ist Politik, nicht Projekt.

Gelesen 12699 mal Letzte Änderung am Donnerstag, 29 Januar 2015 10:57
Michael Schmid

Ich bin Inhaber der Firma it-dialog e.K. und entwickle seit 30 Jahren Produkte und leite seit 25 Jahren Projekte im Umfeld IT, Telekommunikation und Unternehmensorganisation, gerne auch als Interim Manager. Meine Erfahrung kombiniert mit Ereignissen der Gegenwart beschreibe ich journalistisch als Zeitzeuge; gerne über Dinge, die aus meiner Sicht auch besser laufen könnten. Ich hoffe auf Interessenten und Diskutanten

Webseite: www.it-dialog.com

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